Lerning by Doing

FrauSein

FrauSein bedeutet für mich in einem natürlichen Fluß, in einem beständigen Im-Wechsel-Sein.

In diesem Jahr werde ich 55. Und ich spüre einen ganz neues Lebensgefühl. Vor ein paar Tagen bin ich in eine ganz neue Lebensphasen gewechselt. Ich konnte das ganz deutlich wie ein Aufbrechen einer Schale oder Haut wahrnehmen.

Für mich ist das ein wunderbares Alter. Ich fühle mich wohl in meinem Körper, ich bin vertraut mit meinen Gefühlen und ich weiß meinen Verstand immer besser einzusetzen.

Wenn ich mich an mich erinnere als Kind und Teenager und dann später in den 20ern, 30ern oder 40ern, dann erinnere ich mich auch an all die Unsicherheiten und die vielen Fragen, von deren Beantwortung ich mir mehr Kontrolle über mein Leben erhoffte.

Es war eine lange Reise bis hierher und ich habe mich immer wieder durch Lebensabschnitte manövriert, die sich wie eine Steinwüste angefühlt haben. Mir fehlte eine Art Navigationswerkzeug zum Orientieren in den verschiedenen Lebenssituationen. Manchmal vermisste ich auch schlicht Resourcen wie Geld oder Unterstützung durch Familie, genug Zeit zum Erholen oder für Menschen, deren Kontakt mir sehr wichtig war und mich nährte. Es gab Zeiten, da fühlte ich mich von meinem Leben regelrecht durch die Jahre getrieben. Ich empfand mich als Opfer der Umstände und nicht als Mit-Schöpferin. Ich hatte den Eindruck, zu viele Sachen machen zu müssen, denen ich nicht zustimmten konnte. Oft pendelte ich zwischen Selbstoptimierung mit hoher Selbstdisziplin und Erschöpfungszuständen inneren Aufgebens im Kampf mit meinem Leben. Ich war innerlich stur und unbeugsam und mein Wille sollte geschehen. Dann wieder gab ich auf und verlor das Gefühl von Sinnhaftigkeit und Lebensfreude.

Warum ist alles so schwer?

Warum scheint nichts wirklich so richtig gut zu funktionieren. Soll das wirklich so sein, dieses, das sich wie Sand im Getriebe anfühlt?

Seit ein paar Jahren habe ich aufgehört, nach dem WARUM zu fragen. Das Wort Warum enthält ein ganz subtiles Urteil über das, was ist. Und wo ein Urteil ist, da ist neutrales Beobachten fast unmöglich. Und ohne neutrales Beobachten offenbart sich nicht das ganze Bild. dann fällt es schwer, sich zu verorten und einen Weg zu finden.

Also begann ich statt dessen zu fragen: ‚WAS ist hier los? WIE kann ich das finden, was wirklich funktioniert? WAS braucht es, um mich besser durch Herausforderungen zu navigieren, ohne Kollateralschäden für mich und andere zu kreieren und ohne verbrannte Erde zu hinterlassen, die Jahre braucht, um sich zu erholen.

Zeit für einen Perspektivwechsel

Ich veränderte meine Wahrnehmungsprioritäten vom Verstand in meinem Kopf zur Intuition in meinem Herz und zum Instinkt in meinem Bauch. Diese Navigationswerkzeuge sind nun viel präziser, um mich in diesem sich ständig wechselnden Universum zurechtzufinden. Meinen Verstand lasse ich der Intuition und dem Instinkt nur zuarbeiten. Er ist nicht geeignet, innovative Wege zu finden. Seine Stärke liegt darin, Erfahrungen zu speichern. Seinen Lösungsansatz wird er aber immer in den alten Erfahrungen suchen, nach dem Motto: Was einmal funktioniert hat, funktioniert auch wieder. Das jedoch sind rare Glücktreffer.

Der innere Kompass

Wenn mein Bauch mir sagt, dass etwas nicht „passt“, dann gibt er meinem Verstand den Auftrag, die Situation zu untersuchen, ohne sie zu bewerten und zu interpretieren. Dieser übergibt dann meinem Herzen seine Ergebnisse und dieses weitet in sich den Raum der Betrachtung, schwingt sich in die Lüfte der Adlerperspektive und schaut auf das ganze Bild. So „fühlt“ es sich in einen größeren Möglichkeitsraum. Dann „lädt“ es aus diesem eine noch neue Option „herunter“, die ich dann ausprobiere. Zusammen mit meinem klaren Verstand überprüfe ich am Ergebnis, ob die Möglichkeit angemessen ist und funktioniert.

Bauchgefühl und Herzensweisheit – das sind die Bestandteile unseres inneren Kompass. Es braucht ein wenig Übung, um mit ihnen umgehen zu können. Übung im Vertrauen in die innere Führung. Übung darin, den eigenen Verstand in seine Schranken zu weisen, ihn an die Leine zu nehmen und zu disziplinieren. Übung darin, den Herzraum von ungezügelten Emotionen zu befreien und seine Fenster klar und sauber zu halten. Und nicht zuletzt Übung darin, die Sprache des Herzens überhaupt zu hören und seine Weisheit auch zu verstehen.

Die Wechseljahre

Die Wechseljahre sind für mich als Frau eine unglaublich spannende Lebensphase. Mein Körper wird weicher, nachgiebiger und hat mehr Hitze. Gleichzeitig bringt der sinkende Östrogenspiegel mehr geistige Klarheit und die ständig wechselnden monatlichen Gefühlsbäder beruhigen sich. Das unterstützt mich, meinem inneren Kompass mit mehr Leichtigkeit zu folgen.

Meine Aufmerksamkeit verschiebt sich vom Funktionierenwollen im Außen auf das intuitive Erfassen komplexer Lebensumstände durch meine inneren Möglichkeiten. Ich werde weiser sozusagen.

Das fühlt sich gut in mir an, entspannter, gelassener. Da ist mehr Raum, die Dinge so sein zu lassen wie sie sind. Auch die Menschen. Auch die Umstände. Der Drang, etwas zu „verbessern“ weicht dem Wunsch, mit dem Leben zusammen etwas Schönes zu erschaffen. Schön im Sinne von kraftvoll, erhaben, wertvoll, liebevoll, sinnhaft, wahrhaftig. Den „bright principles“ entsprechend. Aber davon später.

Liebste Frauen und beste Männer,

gewinnt dem Älterwerden alles ab, was Ihr könnt. Dann werden nicht nur müde Haut, Speckpölsterchen und dünne Haare das Altern markieren, sondern wachsende Güte, Mitgefühl, innerer Frieden und eine gehörige Portion Lebensklugheit. Wir könnten wieder die alten Weisen werden, die es mal gab in unseren Gemeinschaften, die man gerne fragt um einen Rat, weil unser Bauch nicht nur dick wird, sondern auch klug und unser Herz nicht schwach, sondern weise und unser Verstand nicht wirr, sondern offen.

Geboren 1968, mittlerweile im Norden Deutschlands lebend, lernend, lehrend, schreibend, bin ich Lebenskünstlerin, Menschenliebhaberin und leidenschaftliche Gärtnerin...gesegnet mit Kindern, Katzen, Pferd und besonderen Menschen an meiner Seite...