Lerning by Doing

Er steht einfach nicht auf mich Teil 3

Seit ich alles lese, was mir die mysteriöse, innere Welt der Männer näher bringt, fange ich an, auch mich  besser zu verstehen. Mir wird immer klarer, wie die Erfahrungen in meiner Kindheit und Jugend merkwürdige Verhaltensfrüchte hervorgebracht haben.

Ich bin mit zwei jüngeren Brüdern groß geworden. Dieser Fakt hat einen ziemlich nachhaltigen und nicht besonders günstigen Blickwinkel auf die Männerwelt nach sich gezogen. Meine Brüder waren als Kinder und Jugendliche richtige Rabauken. Sie waren überall da zu finden, wo es gefährlich war und sie auch mal  ihre kriminellen Energien ausleben konnten. Aus der Perspektive der älteren Schwester waren „Jungs“ einfach immer unreifer als ich. Sie nervten mit ihren merkwürdigen „Spielangeboten“, wo es immer nur um Siegen und Verlieren ging, um Dominieren und Unterliegen. Und irgendwie habe ich diese alten Bilder immer noch in mir und sehe durch sie wie durch einen Filter.  Vieles an Männern ist mir „too much“ . Ich verstehe ihre merkwürdigen Interessen wie Fußball oder Autorrennen nicht. Da geht es ebenso um Gewinnen und Verlieren. Ich denke auch heimlich, dass Männer merkwürdige Eßgewohnheiten haben, und dass sie die Tendenz zeigen, mir meins „kaputt“ zu machen. So wie meine Brüder früher meine Spielsachen zerlegten und damit auch mein Mädchenherz, so tun es heute Männer mit Zynismus. 

IWenn ich die alte Erfahrungsbrille abnehme, kann ich sehen, dass das natürlich totaler Blödsinn ist und auch ungerecht. Die meisten Männer, die ich kenne, sind weder unreifer als ich, noch wollen sie mich unterwerfen. Manche von ihnen interessieren sich für Sport, andere nicht. Einige sind viel anspruchsvoller mit ihren Eßgewohnheiten als ich. Und ja, ich habe einigen Männern erlaubt, mich mit ihren zynischen Bemerkungen aus der Balance zu bringen. Aber ebenso oft habe ich Freundlichkeiten und Komplimente überhört.

Er weiß es doch auch nicht…

…das wird mir immer klarer. Männer sehen genauso wenig durch wie wir. Frauen. Aber sie könnten eben auch mal eines der Bücher unters Kopfkissen legen und hoffen, dass etwas Weisheit über uns Frauen über Nacht in sie hinein diffundiert. Während ich mein Englisch mit Sheryl Argov’s „Why men loves bitches“ aufpoliere, kommt mir der Gedanke, dass wir wirklich kaum eine Ahnung haben über unsere wahre innere Natur als Frauen oder Männer. Wir haben ein Ersatz-Ich erschaffen, dass möglichst reibungslos funktionieren soll. Als Mann soll es willenstark, zuverlässig, beschützend und selbstbewusst sein, immer klar visionär, ausgerichtet, den Stürmen des Lebens erfolgreich trotzend, wie all die Helden der Hollywood-Blockbuster. Als Frau muss es freundlich, weich, empfänglich, nachgiebig, hingebend und klug im richtigen Maße sein, geishaähnlich zur Erbauung des Mannes, wenn er nach der wichtigen Arbeit oder dem Sex noch reden will, sonst schweigen wir natürlich ganz in uns ruhend. Das moderne Frauen-Ich ist unendlich geduldig, verzeihend, großzügig, bedingungslos und natürlich warm und liebevoll.

Diesen Schmarren können wir als Eltern und im Berufsleben natürlich gar nicht durchhalten. Da fängt die Fassade an zu bröckeln.

Ohne mich geht’s schief

Eines ist mir bei meiner Reise in die Dating-Welt klar geworden. Solange ich nicht weiß, wer ich tief in meinem Innersten bin und was ich zu tun habe, um das nach außen zu zeigen, auszudrücken und zu leben, solange bin ich wie ein Blatt im Wind, dass auf anwehendes Interesse von Männer einfach nur RE-AGIERT und Ja sagt. Wenn ein Mann Interesse an mir zeigt, habe ich mich bislang gar nicht gefragt, ob in mir auch genügend Interesse für ihn aufkeimt. Ich habe automatisch auf „interessiert“ umgeschaltet, mich an ihn angepasst und mich und das, was mich ausmacht, was mir wirklich etwas bedeutet, vergessen. Das Ergebnis: kurzfristig intensive Verschmelzungserfahrung. Langfristig ein Desaster.

Eher Fußabtreter als Bitch

Es fängt damit an, dass ich mir über alles, was der Mann verbal aussendet (…oder auch nicht sendet), tiefere Gedanken mache und dem eine größere Bedeutung gebe als meiner eigenen Welt. Jede Doppelbotschaft hält mich für Tage beschäftigt. Jedes ambivalente Verhalten verwirrt mich und regt meinen verzweifelten Verstand zu wahren Sherlock Holmes Denkprozessen an. Was meint er denn nur? Was will er mir mitteilen? Was ist seine eigentliche Wahrheit? Mag er mich wirklich? Ist er wirklich an mir interessiert? Oder bin ich nur zum Überbrücken gut? „Stepping Stone Woman“ werden Frauen mit ähnlicher Blindheit gegenüber dem Offensichtlichen im amerikanischen Dating-Slang genannt. Wir sind diejenigen, die für respektloses und rücksichtsloses Benehmen unendliche Geduld und ein Haufen schlechter Ausreden aufbringen. Wir hören uns ewig selbstdarstellerische Monologe geduldigst an. Wir bezahlen unseren Kaffee selbst. Wir warten unter vollständiger Selbstverleugnung auf Anrufe und freuen uns über 1-Satz-Whats App wie die Mutter über die erste volle Windel ihres Säuglings. Wir bieten großzügig unsere Ressourcen zum Selbstkostenpreis an, polieren sein Ego bis es glänzt wie Gold und lächeln über die rostigen Stellen hinweg.

Und so muss ich anerkennen, ehe ich mich versehen habe, dreht sich mein ganzes Denken, ja mein ganzes Sein um die scheinbar wahnsinnig wichtige, mysteriös-ominöse Welt des männlichen Spielpartners. Zu nett, zu nachgiebig, zu nachsichtig, zu selbstvergessend – kurz zu Fußabtreter.

Meine Standards setzen – Zeit zum Selbsterinnern

Für mich alleine meine Standards zu setzen, ist schon schwer. Wer kennt sie nicht, die bedeutsamen Vorsätze, die uns helfen sollen, unser Leben wenigstens etwas unter Kontrolle zu behalten. Eß-Vorsätze, Kauf-Vorsätze, Schlaf-Vorsätze, ja überhaupt Gesund-Leben-Vorsätze, soziale Vorsätze         ( Sonntags rufe ich ab jetzt immer! meine Mutter an…), Aufräum-Vorsätze, Fitbleiben-Vorsätze usw.

So richtig ändern werden wir unsere Gewohnheiten nur, wenn das Leben uns einen heftigen Tritt versetzt, stimmts?

Wie können wir Standards setzen, die auch in Interaktionen mit anderen gelten, vor allem in Lebenssituationen, in denen es um Intimität geht? Das ist schon eine riesige Hausnummer, finde ich. Das bedeutet, sichtbar zu werden und auch angreifbar. Das bedeutet, JA und! NEIN sagen zu können, und zwar ohne mich zu rechtfertigen. Viele Menschen mögen es nicht, wenn man seinen eigenen Standards folgt. Sie erwarten heimlich, dass wir uns ihren Bedürfnissen anpassen und uns um sie kümmern. Wenn wir es nicht tun, dann fühlen sie sich ungeliebt, nicht gesehen und abgelehnt.

Und um ehrlich zu sein, ganz frei sind wir doch auch nicht davon, oder?    Na zumindest kann ich das bei mir beobachten und es kostet mich Achtsamkeit und Disziplin, im Gegenzug auch respektvoll mit den gezeigten Standards anderer umzugehen.

Ich habe mir jetzt die Zeit genommen, um mich an meine Standards in intimen Beziehungen zu erinnern. Dazu gehören auch die Beziehungen zu meinen Kindern, Eltern und Geschwistern, zu meinen Freunden und auch zu den Ex-Partnern, mit denen ich Kindern habe.

Ein lachendes Herz, ein mitfühlender Verstand & Stil

  1. HUMOR: Wenn ich an einem anderen Menschen so interessiert bin, daß ich Lust habe, eine Partnerschaft, Freundschaft oder eine andere Form von Intimität aufzubauen, dann ist mir vor allem Humor wichtig. Über mich selber lachen zu können, mich selber nicht so ernst zu nehmen, das bringe ich mit und das ist mir auch bei dem anderen wichtig.
  2. MUT: Sich wirklich einlassen zu können, und zwar von Moment zu Moment, das finde ich wichtig. Das bedeutet, mich als erwachsene Frau offen einen Begegnungsraum zu betreten, nicht wissend, was in ich in diesem Raum antreffen werde. Sicherheits-Denken, Garantie-Erwartungen oder das „Wer-ist-hier-der Unabhängigste“-Spiel geben einen so engen Spielplan vor, dass mein Interesse schnell verloren geht.
  3. ZUVERLÄSSIGKEIT: Mein Wort bedeutet mir etwas. Manchmal mache ich mir das Leben selber sehr schwer, weil ich versuche, ein zu schnelles Versprechen um jeden Preis einzulösen. Das ist nicht immer gesund. Und doch ist es für mich imens wichtig, mein Wort und meine Tat in Übereinstimmung zu bringen. Ich lerne gerade, mich zu korrigieren, wenn ich merke, ich war mit meinem Wort zu schnell. Und damit auch transparent zu sein. Das gehört für mich zur Zuverlässigkeit dazu. Ich möchte immer zuverlässiger mein Sprechen und mein Handeln in Einklang bringen. Und ich wünsche mir Freunde und Partner, denen das auch wichtig ist.
  4. STÄRKE: Was mir wirklich sehr wichtig ist, das ist die Fähigkeit „Es tut mir leid.“ zu sagen In den meisten Fällen sind wir für die Verletzungen, die andere Menschen in Interaktionen mit uns vielleicht wahrnehmen, nicht verantwortlich. Wir müssen uns dafür nicht entschuldigen, finde ich. Was ich jedoch enorm friedensstiftend finde, ist, wenn jemand in oder nach einem schmerzvollen Konflikt sagen kann: “ Hey, ich kann sehen, diese Situation schmerzt Dich. Das tut mir wirklich leid. Kann ich irgendetwas für Dich tun?“ In einem Konflikt weich zu werden, das finde ich stark.
  5. NTEGRITÄT: Ich gestehe mir ein, dass es an der Zeit ist, meine Werte nicht mehr länger zu vergessen oder als Verhandlungsmasse in jedweder Beziehung anzubieten. Ich möchte mit freundlicher Klarheit und mitfühlendem Respekt dem anderen Menschen meine Werte mitteilen. Wichtig ist, dass der andere ebensoviel Selbstvertrauen mitbringt und das auch tut, so dass wir gemeinsam die Gemeinsamkeiten herausfinden können. Oder auch die Unterschiede.

Für mich fühlt sich das Betreten eines Begegnungsraumes mit einem anderen Menschen oft so wie Walzertanzen an. Kommt ein Mann auf mich zu und lädt mich zum Tanzen ein, dann habe ich alle Freiheit JA oder NEIN zu sagen. Habe ich mich dann für den Tanz entschieden, dann tanze ich ihn mit diesem Mann auch zu Ende und lasse ihn nicht mittendrin auf der Tanzfläche stehen, bloß weil ich sein Art zu tanzen doch nicht so mag. Dasselbe erwarte ich von meinem Tanzpartner. Ja, vielleicht ist es nicht so leicht, herauszufinden, wann die Musik ausgespielt hat und wann der Tanz zu Ende ist. Aber ehrlich? Eigentlich wissen wir es. Wir spüren es in dem Moment, wo wir die Lust verlieren und sich die Lebendigkeit in eine Art Montonie verwandelt. Und dann gehört es sich für mich dazu, in aller erwachsenen Ehrlichkeit den Tanz zu beenden und sich gegenseitig für die Bereitschaft zu bedanken. Schließlich hat jeder etwas von sich gezeigt, sich eingelassen und zur Verfügung gestellt. Das ist allemal einen Dank wert. Ich finde es auch ein Zeichen von Klasse, wenn man sich gegenseitig alles Gute wünschen kann. Das lässt die Erinnerung an den anderen zu einer guten Erfahrungen werden. Vielleicht nicht ganz schmerzfrei, aber lehrreich. Mit jedem Tanzpartner kann man etwas lernen, vor allem über sich selbst.

Königin im eigenen Reich

Mir ist mein Leben mittlerweile sehr wichtig geworden. Manche nennen mich eine Egoistin. Es ist noch nicht so lange her, dass mich dieses Stigma aus der Kindheit dazu gebracht hat, mich selbst und meine Träume und Werte zu verraten. Und es hat mich ziemlich genau 9 Jahre gekostet, um endlich die Tatsache anzuerkennen, dass das einzge Verlässliche in meinem Leben ich selbst bin. Gesetzt den Fall, ich bin mir selbst loyal. Gesetzt den Fall, ich lebe Integrität, das heißt, dass meine Lebensziele und Werte eben nicht verhandelbar sind!

Königin im eigenen Reich zu sein, heißt auch, niemandem anderen Macht über mich zu verleihen. In vielen Beziehungen geht es genau darum. Egal wie kultiviert, sie werden früher oder später zu einem Schlachtfeld, in dem einer gewinnt und der andere verliert. Manchmal bleiben Menschen trotzdem irgendwie zusammen, als Paar oder Freunde. Man nennt das dann co-abhängige Beziehung. Es gibt einen Retter, der ein Opfer braucht und ein Opfer, dass einen Täter braucht. Sie sind nichts weiter als gewöhnliche Beziehungen und völlig ungeeignet, persönliche Entwicklung zu unterstützen.

Königin zu sein, bedeutet auch, mich um mein Reich so zu kümmern, dass es wächst und gedeiht, und zwar nicht auf Kosten anderer, sondern zum Nutzen für sie. Für mich bedeutet das kompromisslose Liebe zur Wahrheit und radikale Ehrlchkeit mir selbst gegenüber, ein herzliches Ja zum Neuen, einen unverbrüchlichen Willen zum Lernen und wie gesagt: viel Humor.

Darf ich bitten?

Mein Leben ist zu kurz geworden, um mich mit Profanem abzulenken. Ich hatte genug gewöhnliche Beziehungen. Für mich gibt es da nichts Neues mehr zu entdecken. Ich genieße es, uneingeschränkte Königin in meinem eigenen Reich zu sein und ich wünsche mir, einen Mann zu treffen, der es liebt, König in seinem zu sein.

König! Nicht Knappe, oder Mamas Liebling, oder Besitzer der Couch, oder Spekulant, Spieler, oder einer, der seine Macht nur seinem Schatten zur Verfügung stellen kann.

Und dann freue ich mich auf einen wunderbaren Wiener Walzer. Gestatten die Dame? Aber JA, sehr gerne….

Geboren 1968, mittlerweile im Norden Deutschlands lebend, lernend, lehrend, schreibend, bin ich Lebenskünstlerin, Menschenliebhaberin und leidenschaftliche Gärtnerin...gesegnet mit Kindern, Katzen, Pferd und besonderen Menschen an meiner Seite...