Büchergarten

„Büchergarten-Tipp“

Blaues Meer, weißer Strand und „Alle meine Wünsche“

Erinnerst Du Dich noch an solche Urlaubstage, an denen es nichts weiter zu tun gab, als am weißen Strand in der heißen Sonne zu liegen, sich hin und wieder im glitzernden Meer abzukühlen und zwischendurch in der abenteuerlichen Strandbar Espresso und Mojito zu bestellen?

Solche Tage sind nichts ohne eine gute Strandlektüre.

Und ein richtig gutes Strandbuch ist eines, was leicht genug für die Tasche ist, was klein genug ist, dass man es ohne Mühe im Liegen in der Hand halten kann, und welches groß genug ist, um  für einen Tag vollkommen in der Story zu versinken. Es umfasst ungefähr 120-150 Seiten literarischen Genusses, leicht und anspruchsvol zugleich. Seine Sprache umschmeichelt Dich wie die laue Brise des Windes über dem Meer.

Letzte Woche bekam ich solch einen kleinen Leckerbissen in die Hände und habe ihn sogleich zum Mittelpunkt eines spontan eingeschobenen Urlaubstages am Strand gemacht. Denn manchmal muss man einfach mal einen Mittwoch zum Sonntag machen und die Welt Welt sein lassen und eintauchen in die Magie einer gut erzählten Geschichte. Dann geht es leichter wieder weiter.

Mein erster Buchtipp also für den Strand, (oder einen Tag im Bett), ist:

„Alle meine Wünsche“ von Grégoire Delacourt

Die Geschichte in dem Buch handelt von Jocelyne, einer herzerwärmenden Französin, und ihrem Mann Jocelyn, einem etwas ungehobelten Italiener. Die mittvierziger Jocelyn betreibt in einer nordfranzösischen Kleinstadt mit Leidenschaft ein Lädchen für Kurzwaren. Und nebenbei auch einen Internet-Blog übers Sticken und Nähen.

Sie liebt sich, ihr kleines Leben und sogar ihren kautzigen Mann. Sie hat mit ihm eine große Krise überstanden, ihre beiden Kinder sind aus dem Haus und sie freut sich auf die gemeinsamen Jahre zu zweit. Da bringt ein Lottogewinn von 18 Millionen Euro ihre Vorstellungen über ihr Leben und die Zukunft völlig durcheinander.

Auszüge

Seite 1: „

Man lügt sich immer an.

Ich weiß zum Beispiel genau, dass ich nicht hübsch bin. Ich habe keine blauen Augen, in denen sich die Männer verlieren, in denen sie versinken wollen, damit man hinterherspringt und sie rettet. Ich habe keine Mannequin-Taille, ich bin eher drall, sogar füllig. Der Typ, der anderthalb Plätze braucht. Ich habe einen Körper, den die Arme eines mittelgroßen Mannes nicht ganz umfassen können. Ich habe nicht die Anmut der Frauen, denen man lange Sätze mit Seufzern als Satzzeichen ins Ohr flüstert, nein. Ich verleite eher zu kurzen Sätzen. Deftigen Bissen. Der Knochen des Verlangens ohne Schwarte, ohne das gemütliche Fett.

Das weiß ich alles.

Und trotzdem gehe ich manchmal, wenn Jo noch nicht zu Hause ist, hoch in unser Schlafzimmer und stelle mich vor den Spiegel unseres Kleiderschrankes – ich muss ihn daran erinnern, den Schrank an der Wand zu befestigen, bevor er mich eines schönen Tages während meiner Kontemplation zerschmettert…“

“ Reich sein heißt, immer alles zu sehen, was hässlich ist, weil man die Überheblichkeit besitzt zu glauben, dass man alles ändern kann. Dass man nur dafür bezahlen muss. Aber ich bin nicht reich. Ich besitze nur einen Scheck über 18 Millionenfünfhundertsiebenundvierzigtausend-dreihunderteinen Euro und achtundzwanzig Cent, achtfach gefaltet, unter einer Einlegesohle versteckt. Ich besitze nur eine Versuchung. Die Möglichkeit eines anderen Lebens…“

Vielleicht hast Du gerade keinen Urlaub und es ist auch kein Strand und kein Meer in der Nähe. Mit diesem großen, kleinen Buch kannst du trotzdem abtauchen in eine wunderbar erzählte Geschichte über das kleine Glück, das keine Millionen braucht.

Ein Kleinod.

Geboren 1968, mittlerweile im Norden Deutschlands lebend, lernend, lehrend, schreibend, bin ich Lebenskünstlerin, Menschenliebhaberin und leidenschaftliche Gärtnerin...gesegnet mit Kindern, Katzen, Pferd und besonderen Menschen an meiner Seite...